Montag, 29. Juli 2013

Gedanken vergewaltigt

Ich habe diesen Traum. In meinem Traum bin ich glücklich und unbeschwert. Ich laufe in einem Kleid mit vielen Blumen über eine Wiese. Strecke die Arme Richtung Himmel und lache. Unbekümmert, gedankenlos atme ich die frische Luft ein, die meinen Körper lebendig macht. Meine nackten Füße streicheln die Grashalme und lassen mich über die Weiten der Wiese hinwegschweben. Ich bin einfach glücklich. Die Sonne scheint mich an und der Himmel ist klar. Ich blicke rauf zum Himmel und winke den Engeln zu, die ruhig die Welt beobachten. Langsam lege ich mich ins warme Gras, strecke Arme und Beine von mir.

Auf einmal zieht die Sonne vorbei. Wolken zieren den Himmel. Grau legt sich über den Himmel. Schatten legt sich über mich, benebelt meine Sinne, meine Worte, meinen Kopf, mein Herz, meinen kleinen Körper. Aus dem Innersten meines Herzens fließt schwarzes Blut. Was hat das zu bedeuten? Die Adern färben sich schwarz, die Haut wird grau, meine Augen werden trüb.

Seit du meine Gedanken vergewaltigt hast, sind Träume Wünsche, jene Wünsche, die mir immer unerreichbar scheinen.

Du hast mir immer gesagt, was ich denken soll. Was richtig ist. Das ich nicht frei bin, wie schlimm diese Welt ist, wie einsam, wie verloren. Das ich verloren bin. Du hast mir stets von deinem Leben erzählt, deiner Enttäuschung, deinem Schmerz und Leid, deiner Hoffnungslosigkeit, war ich doch ein Kind von Freude. Doch in diesen Momenten voller Erschrockenheit und Betroffenheit starb mehr und mehr das unbeschwerte, unschuldige, unwissende Mädchen, das einst geträumt hat. Ich begann das Leben und die Realität zu sehen als grausame, finstere Sache. Du hast mich einer nach der anderen Gehirnwäsche unterzogen, hast meinen Blick für's Gute gänzlich zerstört, mit deinen Schauermärchen und deinen Lügen. Hast mir gezeigt, Tag um Tag wie schrecklich die Welt sei, dass ich immer auf der Hut sein müsse, alles zu hinterfragen und nichts anzunehmen, wofür keine Gegenleistung erwartet wird. 
Ich war klein und naiv, und ich begann die Welt mit deinen Augen zu sehen.

Seit du meine Gedanken vergewaltigt hast, sind Träume Wünsche, jene Wünsche, die mir immer unerreichbar scheinen.

Du hast dich wie eine Wanze in meinem Gehirn eingerichtet, an jeder Stelle etwas Negatives gefunden und mir gründlich deine Meinung eingeredet, untergejubelt, eingetrichtert und vermittelt. Ich habe dir geglaubt, weil ich dachte, du wärst sowas wie ein Vorbild. Aber wer auf dieser Welt ist schon ein Vorbild, ich denke, jeder muss eigene Erfahrungen machen, sich selbst ein Bild von der Welt machen und niemals unzugänglich für Neues sein. Auch wenn DEINE Welt vielleicht so trostlos war, meine ist es eigentlich nie gewesen, habe es nur gedacht, habe dir geglaubt das ich es schwer habe, schwerer wie die Anderen, aber das war eine Lüge, genau wie du eine Lüge bist. Nun habe ich es schwer, die Welt als schönen Ort zu sehen, auch wenn es früher so war. Aber früher ist Vergangenheit und heute ist das, was letztendlich für mich zählt. Es ist schwer ohne Vorurteile an eine Sache zu gehen, aber noch schwerer, eigene Vorurteile zu haben oder ganz selbst zu urteilen. Jedes Vorurteil wird man irgendwann irgendwo mal gehört oder gelesen, gesehen oder vermutet haben, wie kann man gänzlich ohne Vorurteile sein, das geht nicht, meiner Meinung nach. Doch habe ich von dir gelernt alles was kommt mit einem kritischen und strengen Auge zu betrachten, stets zu beobachten, zu prüfen und aus zu sortieren, am besten meine Freunde, damit ich  nur für dich da war, dein Schüler, damit du Lehrer sein konntest für ein Mädchen, dass dir die Lügen von den Augen ablas und sie glaubte.

Seit du meine Gedanken vergewaltigt hast, sind Träume Wünsche, jene Wünsche, die mir immer unerreichbar scheinen.

Habe mit aller Kraft versucht, die Welt mit anderen Augen zu sehen, mit meinen Augen und nicht mit deinen, nicht gefälscht von deinen Eindrücken, Wahrnehmungen und Beurteilungen. Doch wie soll das gehen, wenn man nie eine eigene Meinung hatte, und man sich an die Zeit, als man sie hatte nicht mehr wirklich erinnern kann? Was ist dann real und was ist nicht real, wer unterscheidet Lüge von Wahrheit wenn man selbst so getrübt ist dass man es nicht schafft zu urteilen, wer richtig und wer falsch liegt? Oder ist das immer zwangsläufig richtig, was man ganz allein für sich  richtig findet, was man meint, ohne Tatsachen zu haben, ohne Fakten, ohne einen Beweis und ohne das Urteil, die Meinung, die Einschätzung einer anderen Person? Du hast mich gelehrt alles zu bezweifeln, jeden Gedanken zu hinterfragen, warum ich gerade an dies und das denke und nicht an jenes. Ich habe von dir gelernt, jedem Menschen misstrauisch gegenüber zu treten und niemandem Vertrauen zu schenken, hast mir gezeigt wie man immer das  Beste für sich aus seiner Sache macht, ohne dabei Rücksicht zu nehmen und auf Andere zu achten. Wie soll ich einen Blick für Respekt und Achtsamkeit bekommen, wenn ich immer nur das angenommen habe, was du mir zu Füßen gelegt hast? Ich will nicht dir die Schuld geben, denn es ist meine. Ich war zu jung, zu naiv, zu schnell, zu voreilig und habe eigentlich jeden Rat von dir nicht richtig befolgt. Ich hatte dich kritisch betrachten müssen. Hätte besser an mich gedacht und nicht an dich,wo ich dich doch immer beeindruckt und stolz machen wollte. Hätte dir Misstrauen zeigen sollen und Abstand halten sollen, hätte jeden deiner Gedanken und Vorschläge, jede Idee und Meinung, Einschätzung und jedes Vorhaben, Anliegen und Bedürfnis von dir auf Herz und Niere prüfen sollen. Aber das habe ich nicht, ich war jung, naiv und voreilig, habe es selbst vermasselt. Vielleicht war das deine Botschaft an mich,  vielleicht war es auch eine Andere. Ich weiß es nicht, es ist mir gleich. Ich will lieber wissen, warum verdammt nochmal du genau das mit mir getan hast, was du nie von anderen gewollt hast? Das sie dich kontrollieren, dich einengen, dir Etwas vorleben, was du eigentlich nicht willst, obwohl du es nicht weißt. Du hast das getan, wofür du andere verflucht hättest, und das ist verdammt schwach von dir, Schwäche, ein Wort, das du niemals in den Mund genommen hättest, weil Schwäche so unglaublich feige klingt, doch genau dass bist du. Schwach.

Warum hast du meine Gedanken so vergewaltigt, dass sie heute unkontrolliert und völlig der Wahrheit fremd sind? So vergewaltigt, dass sie kaputt und letztlich falsch sind, dass sie verschoben und einfach nur von jemand Anderem sind, warum? Es sind nicht meine,doch weiß ich heute nicht, wie man selbstständig empfindet, überlegt, versucht, wie man ein eigener Mensch ist, warum hast du mir das angetan?

Sowas nennt man Gedanken Missbrauch und du bist der Täter, ich war nie das Opfer, aber du warst immer der Täter, und das ist so schwach, so schwach, so unermesslich schwach von dir gewesen.


Seit du meine Gedanken vergewaltigt hast, sind Träume Wünsche, jene Wünsche, die mir immer unerreichbar scheinen.

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